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Zu "Bilder vom Maler"


Martin Disler hat das Buch „BILDER VOM MALER“ in wenigen Wochen geschrieben. Ist das Schnellschreiben etwa eine besondere Eigenschaft der Schweizer, ist er ein Schnellschreiber, ein Kritzler, wie etwa Robert Waiser? frage ich mich.

Martin Disler hat dieses Buch geschrieben wie einen biographischen Bericht. Aber was ist Biographie (Autobiographie), ist es nicht die Seite des Graphischen, dessen also ( - wie Philippe Lacoue-Labarthe sagt -), was bleibt, wenn das Licht weggenonnen ist. Wenn die Bilder nur noch als und in der Erinnerung existieren. Wird dann im Dunkel geschrieben, wie der blinde Maler, der seine Bilder malt, indem er sie erzählt?

Das Schreiben zeichnet das nach, was wir in den Augen behalten haben und dabei beginnen dort, wo alles abgelagert ist, in der Erinnerung also, eigene, neue, unkontrollierte Entwicklungen. Die Körper können zu den Wörtern, die Sätze schaffen sich Körper, alle Erinnerungen werden abgetastet und verändert, immer wieder mit allen anderen Ereignissen zusammengebracht, damit alles mit allem reagiert, sich auflädt und anstößt. Und so entstehen beim Schreiben (beim Lesen) andere Räume, andere tatsächlich existierende Räume, Zeitdimensionen, veränderte Erfahrungen. In der Schreib-Zeit hebt sich die Erinnerung an das Biographische, an das ursprünglich Erlebte auf und ist als Beschriebenes vorhanden und am Ende ist nur noch das geschriebene (schriftliche, lesbare) andere Leben gegenwärtig.

Martin Disler lebt ein schnelles Leben, er ist ein 'Speedy'; er arbeitet besessen, hört nicht auf damit, und nächtelang werden Bücher mit rapiden Zeichnungen gefüllt, werden zimmerhohe Bilder gemalt. Seit seiner Ausstellung 'Invasion durch eine falsche Sprache' in der Kunsthalle Basel (März-April 198o) sind seine Bilder zu einem Anstoß-Punkt in der modernen Kunst geworden.

Martin Disler ist ein tanzender Maler-Mensch, er ist ein zeichnender Schreiber-Mensch. Von irgendwoher könnend, aus Zürich, aus Mailand, taucht er plötzlich auf, wenn wir und treffen, scheint der Zufall berechnet...
Er hört nicht auf zu zeichnen, zu schreiben, zu telefonieren, herumzufahren, er hört nicht auf, in seinen Bildern, Wörtern, Sätzen zu verschwinden, in den Erwartungen der anderen unterzutauchen, in den ‚Bildern vom Maler‘.

E. Stegentritt (1980)

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